Dokumentation des Symposiums "Die grüne Transformation finanzieren"

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Am 5. Mai 2014 diskutierten Experten auf dem Symposium "Die grüne Transformation finanzieren" wie Finanzmärkte und Investitionspraktiken nachhaltig konzipiert und stabilisiert werden können

Zur Eröffnung unterstrich Ralf Fücks, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, den engen Zusammenhang zwischen der Stabilisierung des europäischen Finanzsystems, der Wiederbelebung der Volkswirtschaften in Europa, sowie ihrer ökologischen Transformation. Eine zentrale Herausforderung besteht darin, das in großen Mengen vorhandene Anlagekapital in ebenso langfristige wie ökologische nachhaltige Investitionen zu lenken. Annelie Buntenbach, Mitglied des Bundesvorstandes des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), betonte, dass die europäischen Gewerkschaften sehr früh auf den Finanzierungsbedarf der Realwirtschaft und die damit verbundene Notwendigkeit zur Neuorganisation des Finanzsystems hingewiesen haben.



Keynotes



Zwei Keynotes eröffneten die erste Diskussionsrunde. Ein Beitrag von Thierry Philipponnat, Generalsekretär von Finance Watch, setzte sich mit der Initiative der Europäischen Kommission zur Langfristfinanzierung der europäischen Wirtschaft auseinander: Diese verfolgt aus Sicht von Finance Watch nicht das Ziel, das Finanzsystem von einer Kurzfrist- auf eine Langfristorientierung umzustellen, sondern soll durch zusätzliche Finanzierungsinstrumente Wachstum anregen. Finance Watch stellt zudem das zugrunde liegende Verständnis in Frage, dass mit der Notwendigkeit zur Bilanzverkürzung nach der Finanzkrise auch die Verfügbarkeit von Bankkrediten sinken muss: Kredite an die Realwirtschaft machen bisher nur 28 Prozent der Bankbilanzen aus, das notwendige "deleveraging" könnte also in den anderen Teilen der Bilanzen vonstatten gehen. Regulatorisch ist das allerdings schwer zu steuern, die diskutierten Trennbankensysteme könnten einen Beitrag dazu leisten. Die von der Kommission befürworteten Finanzierungs-Instrumente, insbesondere das Revival von Verbriefungen und die Förderung von Public Private Partnerships, sieht Finance Watch aus drei Gründen kritisch: Verbriefungen tragen tendenziell zur Kurzfristigkeit und Prozyklität des Finanzsystems bei; PPP haben eine fragwürdige Bilanz hinsichtlich Effizienz und Kosten, und können durch den entstehenden Renditedruck negative Auswirkungen etwa für die Nutzer von zu privatisierenden öffentlichen Gütern haben; statt auf günstige Kredite zu setzen und so die nächste Blasenbildung zu riskieren, sollte daher die Bedeutung von Ungleichheit für das ausbleibende Wachstum ein größere Rolle spielen.



Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, machte anschließend klar, dass sich eine ökologische Finanzierungsstrategie logisch nicht von der Neuordnung des Finanzmarktes trennen lässt, etwa mit Blick auf die weiter zunehmende Kurzfristorientierung von Finanzmarktaktivitäten; dass die beiden Bereiche aber teilweise auch unabhängig voneinander funktionieren und unterschiedliche Regulierungsagenden erfordern. Für die Erhöhung der – in ganz Europa zu geringen – Investitionsquoten könnten zum einen sektorale Ansätze wie der Toprunner-Ansatz oder Instrumente wie der Gebäudepass eine Rolle spielen.  Weil es aber nicht reicht, einzelne sektorale Aktivitäten voranzutreiben, bleibt das Leitbild eines Green New Deal auf europäischer Ebene strategisch gesehen sinnvoll.



Der Vorschlag eines europäischen Investitionsprogramm könnte aber aufgrund der im Vergleich zur akuten Krisensituation im Jahr 2008 stark veränderten politischen Stimmungslage sowohl hinsichtlich des wirtschaftspolitischen Ansatzes als auch hinsichtlich der starken Rolle für die europäische Politikebene auf Widerstand stoßen. Aussichtsreicher wäre es daher, bei bestehenden Institutionen anzuknüpfen, wie den Regelungen des Sixpacks oder den Aktivitäten der Europäischen Investitionsbank. Für die Förderung ökologischer Investitionen nannte Schick eine Reihe von möglichen (regulatorischen) Ansätzen:

  • nicht-finanzielle Unternehmens-Berichterstattung kann in Zukunft eine wichtige Rolle spielen, um  ökologische und soziale Aspekte von Investitionsentscheidungen sichtbar und wirksamer zu machen: ein Vorschlag der Europäische Kommission zur Harmonisierung dieser Standards geht in die richtige Richtung;
  • entsprechende Initiativen für die private Geldanlage sind sinnvoll, aber nicht zentral;
  • öffentliche (Förder-)Banken sollten das Umsteuern stärker unterstützen;
  • ökologische Investitionen in der Finanzmarkt-Regulierung zu begünstigen könnte hingegen neuen Risiken schaffen bzw. vorhandene nicht adäquat regulieren;
  • Änderungen im Unternehmensrecht könnten die Voraussetzung schaffen, Unternehmen weniger exklusiv an der Vermögensmehrung auszurichten – das gilt insbesondere für Unternehmen die sich wesentlich in öffentlicher Hand befinden.



Podiumsdiskussion: Nachhaltige Investitionen in Europa



Das Auftaktpanel untersuchte den Bedarf und die Herausforderungen für nachhaltige Investitionen in Europa. Andreas Botsch, Chefökonom des Europäischen Gewerkschaftsinstituts, beschrieb einen gesamteuropäischen Mangel an Investitionen in die Realwirtschaft als Folge einer Bilanzrezession in Eurozone: Nach der Finanzkrise hat zuerst der private Sektor seine Sparquote deutlich erhöht, dann haben auch die öffentlichen Haushalte massiv zu sparen begonnen. Als Folge konnten auch die massiven Kapitalinjektionen der Zentralbanken die Kreditvergabe der Banken kaum beeinflussen: nur 31 Prozent der europäischen Bankenaktivitäten sind derzeit Kredite an Unternehmen und Privathaushalte. Die Bankenregulierung nach der Krise nimmt darauf keinen entscheidenden Einfluss, weil sie nicht Zusammensetzung der Portfolios adressiert. Ein möglicher Umgang mit der resultierenden Exzess-Liquidität ist eine öffentliche Kapitalsammelstelle, wie sie der Marshallplan für Europa des DGB vorsieht: Diese könnte einen Teil des vorhandenen Anlagekapitals einsammeln und durch Direktinvestitionen oder Kreditvergabe in die Realwirtschaft einspeisen. Finanzieren ließe sich ein solches "public equity"-Programm durch Steuern und eine Vermögensabgabe.



Karsten Löffler, Geschäftsführer der Allianz Climate Solutions GmbH, unterstrich, dass der Investitions-Bedarf für eine ökologische Transformation in Europa in absoluten Zahlen zwar hoch ausfällt, der zusätzliche Investitionsbedarf beispielsweise für die Energiewende laut EU-Zahlen aber nur bei fünf Prozent des Referenzszenarios für den Energiesektor liegt. Er betonte, dass es entscheidend ist, bei der Kalkulation die gesamten Systemkosten zu berücksichtigen: diese können je nach Szenario für zukünftige Brennstoff- und  CO2-Preise für Erneuerbare Energien geringer ausfallen als für Energieproduktion aus fossilen Energieträgern. Letztlich spielten die politischen  Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle für die Höhe von Investitionsbedarf und Gesamtkosten, so Löffler. Um Großinvestoren stärker an der ökologischen Transformation zu beteiligen, brauche es erstens transparente, langlebige und verlässliche politische Rahmenbedingungen; und zweitens Anreiz-Instrumente, die für Mainstream-Portfoliomanager leicht zugänglich sind:

  • Klima-Bonds könnten längerfristig eine wichtige Rolle spielen: der Markt ist stark gewachsen und weckt großes Interesse bei Investmentbanken, neben Entwicklungsbanken sind auch der Corporate Sektor und Gemeinden aktiv.
  • Kapitalmarktindizes können ebenso eine wichtige Rolle spielen: Da diese bisher vor allem Marktkapitalisierung reflektieren, erzeugen sie im Vergleich zur gesamten Volkswirtschaft tendenziell eine Präferenz für Unternehmen und Sektoren aus dem Bereich der fossilen Energieträger. Ob und wie diese Indizes angepasst werden können und sollten, dazu hat die Diskussion gerade begonnen.



Ana Belen-Sanchez, Beraterin für Energie, Klima und Grüne Jobs, betonte, dass Spanien grundsätzlich gute Voraussetzungen für grünes Wirtschaften hat, etwa in Form gut ausgebildeter Fachkräfte. In den vergangenen Jahren wird die ökologische Transformation aber von einer Schwächung der Umwelt-Regulation und starken Einschnitten bei öffentlichen Ausgaben gebremst. Zudem ist die EU-Regulation, bisher ein wichtiger Impulsgeber der Umweltpolitik in Spanien, in den vergangenen Jahren als Triebfeder schwächer geworden. Ausreichend Kapital für die Finanzierung der ökologischen Transformation wäre in Spanien grundsätzlich vorhanden: Bei nachhaltigen Investitionen von Pensionsfonds und anderen Großanlegern liegt Spanien aber weit abgeschlagen hinter anderen europäischen Ländern, und die Investitionen spanischer Unternehmen in den Umweltsektor gehen bisher zu mehr als zwei Drittel ins Ausland, aufgrund der dort vorhandenen Anreizstrukturen. Politisch wäre es daher entscheidend, ähnliche sektorale Regulierungen und Anreizstrukturen auch in Spanien zu schaffen.

 

Workshop 1: Ein Finanzsystem für die Realwirtschaft



Der erste Workshop des Tages fragte nach den Konturen eines Finanzsystems für die Realwirtschaft, die Impulsgeber waren Greg Ford, Kommunikationschef von Finance Watch, und Thomas Fricke, Chefökonom der European Climate Foundation. Dass es eine relative Entkopplung von Finanz- und Realwirtschaft gegeben hat, daran herrschte in dem Workshop kaum Zweifel: Diese ist am starken Anwachsen der Bankgeschäfte (insbesondere des Derivatehandels) relativ zur Realwirtschaft genauso abzulesen wie an der immer kürzeren Haltezeiten von Aktien.



Die Grenze zwischen Real- und Finanzwirtschaft



Der Workshop benannte aber auch die Schwierigkeiten, eine klare Abgrenzung zwischen Spekulation und produktivem Investment vorzunehmen: Auch Derivatgeschäfte, häufig als die Hauptverdächtigen für rein spekulative Aktivitäten genannt, erfüllen zumindest teilweise Funktionen für die Realwirtschaft. Abhilfe könnte eine Art "financing footprint" sein, dass für verschiedene Asset-Klassen die Finanzierungswirkung in der Realwirtschaft bemisst. Die Teilnehmer/innen unterstrichen, dass es hier einen Mangel an belastbaren Daten und dementsprechend Forschungsbedarf gibt. Greg Ford setzt in dieser Hinsicht in einem ersten Schritt auf den Erfolg von Initiativen, die sich auf eine stärkere Offenlegung von Bank-Bilanzen hinsichtlich dieser Asset-Klassen drängen. Die Existenz eines Graubereichs zwischen Spekulation und produktivem Investment ist aus Sicht von Thomas Fricke aber kein Grund, keine regulatorischen Differenzierungen vorzunehmen, etwa in Form höherer Eigenkapitalquoten für spekulative Geschäfte.



Klar war aus Sicht der Teilnehmer/innen: die Stabilisierung und auch die Verlangsamung des Finanzsystems würde sich grundsätzlich positiv auf die Finanzierung der Realwirtschaft auswirken. Die konkreten Vorschläge dafür zeigen aber auch direkt das Spannungsfeld auf, um das es hier geht: Die Finanztransaktionssteuer oder eine höhere Eigenkapitalquote sind aus Sicht vieler Expertinnen und Experten brauchbare Instrumente, um Spekulationswettläufe und Blasenbildung einzudämmen. Dagegen stehen bisher der starke Widerstand aus der Finanzindustrie selbst und auch die verbreitete Sorge, durch solche Formen der Regulierung den eigenen Finanzplatz zu schwächen.  



Langfristfinanzierung der europäischen Wirtschaft



Neben der Re-Regulierung des Finanzsystems als Makro-Ebene stehen als Mikro-Ebene konkrete Maßnahmen, um Finanzsystem und Realwirtschaft wieder besser aneinander zu koppeln. Einen wichtigen Impuls in dieser Diskussion hat die Europäische Kommission mit ihrer Agenda für die Langfristfinanzierung der europäischen Wirtschaft gegeben. In dieser Hinsicht unterstrich Greg Ford eine Diskrepanz zwischen einem ersten Grünbuch, das die ganze Bandbreite der Kapitalmarktregulierung adressiert, von Eigenkapitalquoten und Liquiditätsregeln über Pensionen und Steuern. Sie enthielte auch zum ersten Mal ein Bekenntnis, dass strukturelle Faktoren in der Regulation des Banksystems eine optimale Kapitalallokation im Sinne der Realwirtschaft verhindern und bisher eher kleinteilige Initiativen der Kommission - wie ein Long Term Investment Fund (LTIF), der Einlagen von Bankkunden bündelt und dabei Sicherheit für die Anleger mit stärkerem Einfluss auf die Verwendung des Geldes - kombinieren solle.



Chancen und Gefahren des Mikromanagements



An dieser Art des Mikromanagements scheiden sich die Geister: Auf der einen Seite betonten Teilnehmer/innen Positivbeispiele wie Mittelstandsanleihen, die auch in den europäischen Krisenländern ein probates Mittel sein könnten. Andere Teilnehmer/innen betonten wiederholt, dass Instrumente wie Verbriefungen ein wichtiger Auslöser der Finanzkrise waren. Auch Greg Ford sieht hinter der Rückkehr der Diskussion um Verbriefungen das Interesse einiger Akteure, gezielte Finanzierungs-Instrumente insbesondere für KMU zu nutzen. Er warnt aber zugleich davor, dass ein solches Mikro-Management von Kapital immer auch ungewollte Nebeneffekte wie Fehlallokation zur Folge haben wird und setzt dementsprechend prioritär auf das Makro-Management des Finanzsystems, um Investitionen in die Realwirtschaft zu erhöhen.  



Thomas Fricke teilt diese Prioritätensetzungen, benennt aber zugleich einen Bereich, in dem ein gewisses Maß an Fehlallokation auch in Zukunft nötig sein wird: Im Umwelt- und Klimabereich seien viele Entwicklungen ohne anfängliche Subventionen oder Impulsinvestitionen nicht möglich gewesen. Deutschland ist hier das beste Beispiel. Dass die Subventionen durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz besser geringer ausgefallen wären, das steht außer Frage. Ganz ohne Subventionen wird es aber auch in Bereichen wie der E-Mobilität nicht funktionieren, weil bisher nicht absehbar ist, dass die Industrie selber die nötigen Investitionen in den Aufbau der Infrastruktur bereit stellt. Ein Teil dieses Investitionsbedarfs könnte über Steuereinnahmen aus dem Finanzsystem herausgenommen werden.

 

Workshop 2: Grüne Investitionen



Im zweiten Workshop des Tages erörterten Karsten Löffler und Gerhard Schick im Gespräch mit Stanislas Dupré, Direktor der 2-Degrees Investing Initiative, die Vor- und Nachteile von verschiedenen Formen der direkten Einflussnahme auf Investitionsentscheidungen, um den Beitrag des Finanzsektors zur ökologischen Transformation zu erhöhen.



Der erste dieser Bereiche ist die Kurzfristigkeit von Investitionsaktivitäten. Stanislas Dupré erklärt, dass dies auch für viele eigentlich langfristig orientierte Akteure wie institutionelle Investoren zutrifft. Dies sei zu einem guten Teil nicht äußeren Zwängen wie Liquiditätsregeln geschuldet, sondern der Organisation des Investitionsprozesses: Portfoliomanager bevorzugen häufig kurzfristigere, liquidere Produkte und Unternehmens-Bewertungen reichen in vielen Fällen nicht über einen Horizont von einigen Jahren hinaus.



Wie lässt sich dieser Zustand ändern? Einfache Antworten auf diese Fragen gibt es aus Sicht von Karsten Löffler nicht. Ein generelles Umsteuern müsste bei längerfristigeren Kenngrößen ansetzen. Die Notwendigkeit, das Verhältnis von Rendite und Risiko zu optimieren, führt bei Portfoliomanagern aber zu täglichen Kaufs- und Verkaufsentscheidungen, die mit der Kurz- oder Langfristorientierung des zugrunde liegenden Investments erst einmal nichts zu tun haben müssen.



Letztlich sei aber gar nicht der Kurzfristhorizont das zentrale Problem, sondern die Frage, welche Kriterien für die Investitionsentscheidung herangezogen werden: Deutlich wird das zum Beispiel an der – noch weitgehend ungelösten – Frage, wie sich das abstrakte Problem Klimawandel in Investitionsentscheidung hineindiskontieren lässt. Auch Gerhard Schick vermisst bisher angemessene regulatorische Antworten. Einzig bei Bonuszahlungen sei es gelungen, die Langfristperspektive stärker zu berücksichtigen. Eine umfassendere Antwort könnte sein, Segmente des Kapitalmarktes zu identifizieren, die nicht dem kurzfristigen Vertriebsdruck unterworfen sind und hier regulatorisch auf langfristige Anlagen hinzuwirken. Die Altersvorsorge könnte so ein Segment sein, das schwedische Modell als Vorbild dienen. Grundsätzlich sollte das Thema Langfristorientierung systematischer in der Finanzmarktregulierung integriert werden, weil Teile der Re-Regulierung nach der Finanzkrise sogar Anreize in die falsche Richtung geben könnten, wie die Anpassung der Liquiditätsregeln zeigt.



Ein zweiter, wesentlich direkterer Eingriffspunkt ist die Ausgabe von grünen Bonds bzw. Klima-Bonds – ein Schritt, den in den vergangenen Jahren zahlreich öffentliche (Förder-)Banken gegangen sind. Auch die EU-Kommission hat Interesse signalisiert, den Markt auszuweiten. Aus Sicht von Karsten Löffler ist das eine vielversprechende Möglichkeit, Anreize für Investoren zu schaffen und um Aktivitäten wie Investitionen in Energieeffizienz zu bündeln, die für institutionelle Investoren aufgrund ihrer Größe einzeln nicht interessant sind. Dafür braucht es wiederum Organisationen mit der entsprechenden Expertise. Hier könnten die Banken ins Spiel kommen.



Für Gerhard Schick sind grüne Bonds nicht die entscheidende Antwort auf den Finanzierungsbedarf für die grüne Transformation, er sieht aber auch keine Nachteile durch das Engagement öffentlicher Banken. Für deren eigene Refinanzierung ist es zwar unerheblich, ob sie statt normaler Anleihen grüne Anleihen begeben. Der positive Effekt könnte aber sein, dass der Markt für grüne Produkte wächst und sichtbarer wird. Anreize für den Kauf grüner Bonds, etwa durch steuerliche oder finanzmarktregulatorische Ausnahmen, sieht er hingegen kritisch, weil dies zur Bildung einer nächsten Blase beitragen könnte.



Ein dritter Ansatzpunkt für die Förderung grüner Investitionen findet sich bei Kapitalmarkt-Indizes. Die bisher verwendeten Indikatoren orientieren sich wesentlich an der Marktkapitalisierung und bevorzugen so große Firmen, die sich häufiger in Sektoren wie fossile Energien, Banken oder Bergbau finden. Ökologische Unternehmungen sind aufgrund der durchschnittlich geringeren Größe hingegen in den Portfolios großer Investoren strukturell unterrepräsentiert. Karsten Löffler gibt zu bedenken, dass der Zusammenhang zwar so existiert, dass aber jeder alternative Index immer gegen die Mainstream-Indikatoren abgeglichen werde, auf die Investitionsentscheidungen also keinen großen Einfluss nehmen könnte.



Auch Gerhard Schick sieht wenig Eingriffsmöglichkeit für den Gesetzgeber in einem Bereich, der wesentlich durch privatwirtschaftliche Interaktion entstanden ist. Eine Ausnahme sind öffentliche Banken, die gezielter auf grüne Indikatoren verpflichtet werden könnten. Insgesamt zeigt dieser Kernbereich von Investitionsentscheidungen aber, wie sehr ökologisches Umsteuern auch in Zukunft mit bewusster unternehmerischer Initiative verbunden sein wird. In diesem Sinne hoben auch die Teilnehmer/innen hervor, dass grüne Fonds und Unternehmen sich auch trotz der Dominanz der Mainstream-Indikatoren entwickelt haben, was viel mit der Existenz unterschiedlicher Asset-Klassen zu tun hat: Neuinvestitionen in Erneuerbare Energien zum Beispiel spielen sich in einem Segment ab, für das die Mainstream-Indikatoren keine Rolle spielen.



Bleiben als letzter Hebel Labels für grüne Investitionsprodukte. Das Thema wird von zahlreichen Akteuren schon seit vielen Jahren vorangetrieben, sorgt aber auch ebenso lang schon für Definitions- und Abgrenzungsschwierigkeiten. Für Gerhard Schick machen diese Labels im Segment der Privatanleger zwar Sinn, den entscheidenden Beitrag für die ökologische Wende werden sie aber nicht liefern. Wichtig wäre aufgrund der Komplexität des Themas ein einheitliches Label, am besten auf europäischer Ebene. Auf die Entscheidungen größerer Investoren, das sahen auch einige der Teilnehmer/innen so, werden solche Labels aber kaum Einfluss haben.





Weiterhin in unserer Dokumentation:

 

Publikation

 

Geld für den Wandel - Wie die grüne Transformation der Wirtschaft und des Energiesektors finanziert werden kann

Von Heinrich-Böll-Stiftung in Zusammenarbeit mit der Green European Foundation

Veröffentlichungsdatum: September 2014

Seitenanzahl: 80

Lizenz: CC-BY-NC-ND